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Früher war mehr Lametta

Der erste Advent – In 24 Tagen ist schon wieder Weihnachten. Das Jahr verging im Nu, schließlich haben wir erst vor gefühlten drei Monaten die Silvesterknaller-Reste von den Straßen gekratzt.
Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt musste man beim „Gang durch die Gemeinde“ feststellen, dass früher mehr Wert auf Weihnachten gelegt wurde. Man ist schon ein wenig verwundert und traurig – kaum beleuchtete Weihnachtsbäume in den Vorgärten, keine aufwändig gestalteten Fenster und kaum Weihnachtskränze an den Haustüren.
Gibt es heutzutage keine weihnachtliche Vorfreude mehr?In den Zeiten von kostengünstiger LED-Beleuchtung müsste es doch eigentlich andersherum sein.

Immerhin: Schaltet man das Radio an und bringt ein wenig Geduld mit, ertönt irgendwann der alljährliche Weihnachtshit „Last Christmas“ von Wham, den man in einer Woche schon nicht mehr hören kann!
Auch das Fernsehprogramm ist schon auf Weihnachten eingestellt. Da kommt heute schon Freude auf, wenn Familie Hoppenstedt die Festtage beschreitet und Opa doch endlich seine neue Platte hören will.
Auch die Weihnachts-Werbespots sind zurück. Die roten Trucks des Getränkeriesen fahren wieder zur falschen Musik durch die Gegend und bringen leuchtende Augen der Kinder. Früher war das noch ein schöner Spot.

In nur einer Woche ist der zweite Advent. Die ersten Weihnachtsfeiern werden veranstaltet, die ersten Weihnachtsbäume ausgesucht und mit Namen versehen. Für Deutschland eigentlich unüblich – immerhin reservieren wir ja sonst auch mit dem Handtuch.
Doch irgendwie bleibt so ein komisches Gefühl. Irgendwas fehlt. Lebkuchen? Glühwein? Ja, das zwar auch – dafür haben wir die traditionellen Weihnachtsmärkte. Nein, irgendwas anderes fehlt. Na klar! – Die Geschenke! Ach egal, es reicht ja am 23. Dezember loszuziehen um dann festzustellen, dass viele Leute den gleichen Gedanken hatten.
Für den Mann ein paar Socken und eine neue Krawatte, die Frau hat vorher nochmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie weder Kochtöpfe noch andere Küchenutensilien haben will – also gibt es Schmuck, natürlich vom Lebenspartner höchstpersönlich ausgesucht, denn die haben ja dieses gewisse Feingefühl dafür. Und die Kinder? Die haben sich mal wieder eine neue Spielekonsole gewünscht. Zum dritten Mal in Folge! Aber nichts da – es gibt einen neuen Pulli und ein ferngesteuertes Auto, da hat Papa ja schließlich auch was von!

Und da ist er nun, der Tag auf den wir lange gewartet haben. Heiligabend!
Der Weihnachtsbaum erstrahlt in seiner vollen Pracht. Die komplette Familie sitzt im Wohnzimmer und die Kinder warten gespannt auf den Weihnachtsmann – der soll ja die Spielekonsole vorbei bringen.
Nach dem Essen ruft die Frau ganz erfreut: „Der Weihnachtsmann war da“.
Die Kinder lassen das benutzte Geschirr sofort liegen, die Spülmaschine bleibt offen und ein lautes Beben geht durchs Haus.
Geschenke!!!
Im Sekundentakt werden die liebevoll eingepackten Pakete aufgerissen, um die Spielekonsole zu finden.
Doch nach dem auspacken der letzten Kartons wieder die Ernüchterung – Keine Spielekonsole! Der Weihnachtsmann wird für doof erklärt, die Mine fällt vom Lächeln ins grimmige und wieder geht ein Beben durch das Haus. Die Kinder trampeln die Treppe hoch und verkriechen sich zum Schmollen in ihre Zimmer.
Unterdessen packen nun die Großen ihre Geschenke aus und der Mann erkennt schon an der Form, dass es sich um Socken und Krawatte handelt.
Die Frau hingegen bekommt eine kleine Schachtel in die Hand gedrückt, die darauf freudig feststellt, dass es sich nicht um einen Kochtopf handelt und öffnet das Geschenk. Doch schon am Gesichtsausdruck merkt der Mann, dass die Perlenkette wohl doch nicht die richtige Wahl war.
So schnell wie möglich reagiert die Frau, indem sie zum Aufräumen auffordert, um danach den Fernsehabend zu beginnen.
Am ersten und zweiten Weihnachtstag geht es mal wieder zu den Schwiegereltern. Dort gibt es wieder mächtig viel zu essen, damit auch alle wohlgenährt das Jahr beenden können. Wie jedes Jahr an diesem Tag merkt die Frau an: „Ab Januar machen wir alle Diät“.
Die Oma fragt die Kinder, was der Weihnachtsmann gebracht hat. Doch als Antwort kommt nur:“ Nichts, der ist doof!“.
Oma guckt bedrückt zu den Eltern, die stumm dasitzen und versuchen zu lächeln. Kurze Zeit später muss Oma mal wieder in die Küche – Abendbrot vorbereiten.
Die Kinder langweilen sich und der Mann fragt seine Gattin, warum sie nicht die neue Kette trägt. Schon nach dem letzten Wort wusste er: „Diese Frage war ein großer Fehler!“.
„Das hässliche Ding? So was kann ich in 40 Jahren tragen“.
Vorbei mit Weihnachten! Kinder grimmig, Frau grimmig und Oma sammelt gerade die Scherben von den Tellern zusammen.

Zu Hause angekommen heißt es sofort zum Mann: „Tüdel den Baum ab und raus damit. Der nadelt wie nichts Gutes und ein Krüppelbaum ist es auch gewesen.
Der Mann befolgt traurig die Aufgabe und denkt sich, wie es denn erst Silvester werden soll. Total in Gedanken nimmt er die Kugeln vom Baum, die Frau steht träumend daneben uns stellt ganz trocken fest: „Letztes Jahr war mehr Lametta“,

Na dann, frohe Weihnachten!


geschrieben von Patrick Panning, 01.12.2014